Effizientere Motoren, Vorteil fürs Klima

Von Peter Franz Rogl

Themen: Materialwissenschaften, Chemie, Energie, Klima, Forschung, Semesterfrage

 

Herkömmliche Verbrennungsmotoren in Autos setzen nur 40 Prozent der Energie des Treibstoffs in Bewegung um. Den Rest verlieren sie als Abwärme.  Wie man diese wieder in Energie umwandeln und damit den Treibstoffverbrauch senken kann, erklärt der Materialforscher Peter Franz Rogl von der Fakultät für Chemie in seinem Blogbeitrag zur aktuellen Semesterfrage „Wie retten wir unser Klima?“.

 

Das Prinzip ist alt bekannt. Die Raumfahrt verwendet Thermoelektrizität seit Jahrzehnten, um aus Zerfallswärme elektrischen Strom zu konvertieren. Als die Raumsonde Pioneer 10 im Jahr 1972 ins All startete, um die Planeten Jupiter und Saturn zu erforschen, war ein thermoelektrischer Generator an Bord. Dieser gewährleistet seit mehr als vier Jahrzehnten die Versorgung der Bordelektronik mit elektrischer Energie. Der Mars-Rover „Curiosity“ ist ein weiteres bekanntes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz eines thermoelektrischen Generators. Diese Art der Energieversorgung hat sich als äußerst verlässlich erwiesen.

 

Allerdings beschränkt sich Thermoelektrizität – leider – bis jetzt auf Nischenanwendungen! Potenzielle Einsätze für thermoelektrische Energiewandlung könnten sich zwar in all jenen Bereichen ergeben, in denen Abwärme zur Verfügung steht; die Impulse, die von der Raumfahrt ausgingen, waren jedoch zu gering. Satelliten werden eben nur selten in den Weltraum befördert.  Der großindustrielle Einsatz von auf Thermoelektrizität beruhender Generatoren, etwa in der Automobilindustrie, steht demnach noch aus.

Abwärme von Verbrennungsmotoren nutzen

Dabei liegen heute bereits optimierte thermoelektrische Materialien vor, die Verbrennungsmotoren viel effizienter machen könnten. Schon seit mehr als 20 Jahren arbeiten wir in Kooperation mit Kollegen der Technischen Universität Wien an thermoelektrischen Materialien, um Abwärme von Verbrennungsmotoren zu nutzen: Die gewonnene elektrische Energie kann dann wieder ins Auto zurückgeführt werden. Mit von uns entwickelten „gefüllten Skutteruditen“ - durch verschiedene Prozessschritte hergestellte Legierungen - erreichen wir heute eine (Modul-)Effizienz von etwa zehn Prozent. Damit könnte zumindest schon ein wenig Treibstoff eingespart und Strom ersetzt werden, der ansonsten mit Hilfe der Lichtmaschine - auf Kosten der Motoreneffizienz – erzeugt werden muss.

 

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Das Grundprinzip der Thermoelektrizität: Verbindet man zwei verschiedene, elektrisch leitende Materialien (z.B. p- und n-Halbleiter) zu einem Stromkreis, so dass die beiden Kontaktstellen auf unterschiedlichen Temperaturen gehalten werden, dann entsteht eine elektrische Spannung. Es fließt Strom über einen Verbraucher. Dafür sorgen die Elektronen/Löcher, deren Bewegung im Festkörper unter anderem von Temperaturunterschieden abhängt. Die Temperaturdifferenz zwischen der kühlen Umgebungsluft und einem heißen Automotor oder heißen Abgasen kann daher zur Erzeugung elektrischer Energie genutzt werden.

 

Unsere Initialzündung für die Forschung an thermoelektrischen Materialien war eine Entdeckung in den 1990er Jahren; im Rahmen der Arbeit meines Dissertanten wurde ein neues thermoelektrisches Material im System Ytterbium-Eisen-Antimon gefunden. Antimonide waren damals noch relativ wenig untersuchte Verbindungen - und wir machten mit! Über unsere Entdeckung dieses thermoelektrischen Materials auf Antimon-Basis, kam es zu ersten internationalen Kooperationen, mit japanischen und US-amerikanischen Kollegen, sowie mit dem Festkörperphysiker Ernst Bauer von der TU Wien. Wir haben über die Jahre unseren experimentellen Methoden und Möglichkeiten erweitert und können mittlerweile bei relativ hohen Temperaturbereichen (bis etwa 1000°C) unsere Probenherstellung und Messungen vornehmen. Das kommt der Motorenforschung zugute.

 

Temperaturen bis 600 Grad

Hinter dem katalytischen Konverter im Fahrzeug liegen Temperaturen von etwa 600°C vor. Derzeit auf dem Markt verfügbare thermoelektrische Generatoren aus Bismuttellurid sind nur für Temperaturen bis 300 Grad Celsius stabil. Man braucht also ein besseres, temperaturbeständigeres Material. Hier kommen unsere Skutterudite unter Verwendung von Strontium, Barium oder Ytterbium, gemeinsam mit Eisen und Antimon, ins Spiel – Materialien, die im internationalen Vergleich rekordhohe Gütezahlen (ZT-Werte) erreichen. Unsere thermoelektrischen Materialien können heute schon von unserem Industrie-Partner (TIAG) im Christian Doppler Labor für Thermoelektrizität im Tonnenmaßstab produziert werden. Die Frage bleibt aber, wer daraus thermoelektrische Module herstellt, und wer sie als thermoelektrische Generatoren in Fahrzeuge einbaut!

 

Es ist nicht ganz leicht zu beantworten, wie die Zukunft von thermoelektrischen Materialien für effizientere Verbrennungsmotoren ausschaut. Die derzeitige US-amerikanische Klimapolitik lässt nicht hoffen, dass alternative Technologien so schnell eine wirkliche Chance bekommen. Die Reduktion von CO2-Emissionen und damit des Treibstoffverbrauchs im Verkehr ist ein Thema, keine Frage. Falls die Politik voll und ganz auf Elektroantriebe setzt, lenkt dies aber auch wieder von der Thermoelektrik ab – auch wenn der Verbrennungsmotor sicherlich nicht so schnell ersetzt werden kann.

 

Thermoelektrik kann auch kühlen

Elektromotoren mögen für den Personenkraftverkehr funktionieren: für kurze Strecken bzw. ständigem Wechsel zwischen Warm- und Kaltlaufen. Doch die derzeitige Leistung bei den Antriebsbatterien reicht nicht - und wird auch nicht so schnell in der Lage sein -, einen LKW acht Stunden lang zu versorgen. So sehen wir den möglichen Einsatzbereich für thermoelektrische Generatoren vor allem dort, wo über eine längere (Betriebs-)Zeit die anfallenden Temperaturunterschiede gut genutzt werden können: im Schwerkraftverkehr wie etwa in der Schifffahrt, bei Lokomotiven und bei LKW-Gütertransporten. Diese Anwendungen würde die Nutzung von Thermoelektrizität für viele Jahrzehnte garantieren.

 

Selbst dann, wenn sich Elektromotoren durchsetzen sollten: Auch hier bieten thermoelektrische Materialien gute Ansätze. Wir könnten mit thermoelektrischen Materialien die Batterie von Elektroautos kühlen. Man muss in der Forschung flexibel sein!

 

Zur Person

Peter Franz Rogl arbeitet am Institut für Physikalische Chemie und am Institut für Materialforschung (Vorstand: Alexander Bismarck) der Fakultät für Chemie als Forschungspartner des  Christian Doppler-Labors für Thermoelektrizität (Leiter: Ernst Bauer an der TU Wien), welches erst jüngst bis 2020 verlängert wurde. Als Industriepartner stehen den Forscherinnen und Forschern die Treibacher Industrie AG (TIAG) sowie AVL List zur Seite.