Umweltfreundliche thermoelektrische Materialien mit hohem Wirkungsgrad

Das Christian Doppler Labor (CDL) für Thermoelektrizität wurde am 1. Juli 2013 gegründet und steht derzeit vor seiner Wiederverlängerung bis 2020. Es verbindet Kompetenzen in der Synthese, Röntgenographie und Mikrostrukturanalyse (am Institut für Materialchemie und Forschung der Universität Wien, Prof. A. Bismarck u. Prof. P. Rogl) mit der Erfassung und Analyse thermoelektrischer Eigenschaften (am Institut für Festkörperphsik der Technischen Universität Wien, Prof. E. Bauer, Leiter des CDL).


Thermoelektrische Effekte sind verantwortlich für die einfachste Art der Umwandlung von Wärme in elektrische Energie mit Hilfe eines thermoelektrischen Generators bzw. zur Erzeugung eines Temperaturgradienten (Kältemaschine) in einer Anordnung von stromdurchflossenen Halbleiterpaaren (Elektron- und Lochleiter). Die Leistungsfähigkeit thermoelektrischer Materialien wird mittels des dimensionslosen Gütefaktors (ZT) bestimmt. Kommerziell verfügbar sind derzeit nur thermoelektrische Module, die auf Bi2Te3-Basis aufgebaut sind. Diese erreichen ein Wirkungsgrad von etwa 6%, sind jedoch durch ihre niedrige Schmelztemperatur auf Bereiche T<300°C beschränkt. Dies mag im Vergleich zu anderen Wärmekraftmaschinen (Stirling oder Rankine Motor mit Wirkungsgraden über 25%) mäßig erscheinen, wird aber durch die Wartungsfreiheit unbewegter Teile sowie dem Fehlen umweltbelastender Treibmittel aufgewogen. Die daraus resultierende Verlässlichkeit im Dauerbetrieb hat sich in thermoelektrischen Generatoren bewährt, die zum Teil seit mehreren Jahrzehnten wissenschaftliche Geräte in beinahe allen extraterrestrischen Raumsonden kontinuierlich mit elektrischer Energie versorgen (Poinier seit 1972, Viking seit 1975 etc.).


Das CDL für Thermoelektrizität hat in den vergangenen Jahren durch Transfer von Wissen und Know-how der österreichischen Wirtschaft Kompetenzen verschafft, die ihr anderweitig nicht zugänglich wären. Die von den beteiligten Universitätseinrichtungen neu entwickelten thermoelektrischen Materialien, sogenannte gefüllte Skutterudite, die weltweit rekordhohe ZT Werte zeigen (1.3<ZT<1.8 bei 600°C), werden nun von dem Projektpartner Treibacher Industrie AG (TIAG) in einem industriellen Produktionsprozess im Tonnenmaßstab hergestellt. Dabei werden Leistungskennzahlen ZT~1.2 erreicht. Derzeit ist TIAG der einzige industrielle Hersteller derartiger thermoelektrischer Skutteruditpulver.


Mit ZT-Werten im Bereich von 1.5 für ein thermoelektrisches Element sowie einem Temperaturfeld von Raumtemperatur (kalte Seite) bis 600°C (heiße Seite) folgen Wirkungsgrade der Energieumwandlung von etwa 14%. Im Laborbetrieb haben TE-Module, die aus TIAG-Skutteruditen aufgebaut sind, Effizienzen von über 11% erreicht.
Potenzielle Anwendungen ergeben sich in all jenen Bereichen, in denen Abwärme zur Verfügung steht. Dabei sind Module, die auf Skutteruditen basieren, jenen überlegen, die auf Bi2Te3 aufgebaut sind. Einerseits durch einen wesentlich größeren nutzbaren Temperatureinsatzbereich und andererseits durch nicht-giftige Bestandteile der Ausgangsmaterialien. Da herkömmliche Verbrennungsmotoren nur 40% der Energie des Brennstoffs in Bewegung umsetzen, den Rest aber als Abwärme verlieren, ist die zukünftige Ausnutzung dieser heißen Wärmequelle im Abgasstrang von Diesel- oder Benzinmotoren oder an Hochtemperatur-Brennstoffzellen ein herausragendes Ziel.

In einem weiteren Forschungsbereich und in Zusammenarbeit mit AVL List, Graz, wurden erfolgreich neue thermoelektrische Dünnfilm-Generatoren auf Basis einer halbleitenden Heusler Legierung entwickelt, die als Mini-Module lokal die Energieversorgung von autonomen Sensoren übernehmen, um drahtlos Betriebsparameter wie z.B. Temperaturen in Fahrzeugen an die Bordelektronik zu übermitteln.

Der wissenschaftliche Freiraum im CDL für Thermoelektrizität wurde bisher genutzt, um sogenannte halb-Heusler Verbindungen entscheidend zu verbessern, die frei von besonders teuren Elementen wie Hafnium sind und trotzdem einen hohen ZT Wert aufweisen. Hier haben Arbeiten im CDL, unter Ausnutzung des Prozesses der spinodalen Entmischung in (Ti,Zr)NiSn Legierungen, die Voraussetzung für ein weltweit anerkanntes höchstes ZT~1.2 geschaffen. Der spinodale Zerfall dieser Legierung bewirkt das Entstehen einer äußerst feinen Mikrostruktur (Nanostrukturierung). Die dadurch verursachten hohen Streuraten für wärmetragende Gitterschwingungen reduzieren deutlich die thermische Leitfähigkeit; als Folge ergeben sich sehr hohe Werte für ZT.

In der verbleibenden Laufzeit des CDL sind noch wichtige Arbeiten zur Verbesserung der Langzeitbeständigkeit der thermoelektrischen Halbleiter in verschiedenen Temperatur-gradienten vorgesehen sowie Verbesserungen im Verbindungsaufbau zwischen TE-Materialien und beteiligten passiven Komponenten (z.B. Elektroden) der Module. Fig 1. Schwerlastfahrzeug mit thermoelektrischem Test-Generator